Vortrag Makroökonomie und das Unbewusste in Berlin
Ankündigungstext
Für Montag, 30. Januar 2012
Wer wüsste nicht gern genau, wie es um das Verhältnis von leib-seelischer Binnenökonomie und ökonomischer Makrostruktur konkret bestellt sei? Ist das Kapital tatsächlich die objektive Form des Wunsches?
Auch Jacques Lacan kam in der Folge des Pariser Mai 1968 nicht umhin, in seinem Séminaire zu merkantilen Aspekten des Interesses der Subjekte Stellung zu nehmen.
So entwickelte sich durch die Wiederaufnahme der Hegel-Deutung Alexandre Kojéves und der umgedeuteten marxschen Mehrwertkonzeption eine kurze, doch intensive Auseinandersetzung mit Aspekten der Makroökonomie, die in das Konzept des Discours capitaliste und des Plus-de-jouir mündeten. Beides ist untrennbar mit Begehren und Genießen amalgamiert.
Grundgelegt war das bereits in der freudschen Konzeption des Libido-Kapitals in der Traumdeutung:
Was heißt es, die Konzeption des Unbewussten mit makroökonomischen Prozedieren zu konfrontieren und umgekehrt: die Ordnung der Ökonomien, von Arbeit durchwaltet, gar nicht im vollen Sinne ‚sprechen‘ zu können? Mit Resonanzen vielmehr vorlieb nehmen zu müssen?
Auch im lacanschen Sprechen bedurfte ES eines beträchtlichen rhetorischen Arsenals, die Terme Discours capitaliste und Plus-de-jouir zu Gehör bringen zu können.
Doch so wenig schon dort das thematische Zentrum vom umgebenden Dekor zu trennen ist, kann unsere libidinös durchwirkte ökonomische Kultur absehen von den Verwerfungen, die diese bevorzugt in der so genannten Dritten Welt – Global South – geradezu unwahrnehmbar erzeugt.
Der Vortrag wird diese Zusammenhänge in geraffter Form darlegen und mit dem Konzept der Genussarbeit zeigen, wie (Ur-)Verdrängung und Repräsentation mit uns und wie wir mit ihnen umgehen – um sein zu können im kollektiven Bad der Reinwaschung, Hygiene als nicht unwesentlicher Aspekt von Therapie.
Zusammenfassung
Ulrich Hermanns, Inhaber von MARK-MAN, sprach vor zahlreich erschienen Gästen des Psychoanalytischen Salons in Berlin über Makroökonomie und das Unbewusste.
Thema war Jacques Lacans Discours capitaliste und seine Bedeutung für ein zeitgemäßes Verständnis des Begehrens – einem zentralen ökonomischen Term.
Die Ausführungen behandelten die komplexe Beziehung von individuellem Begehren und Makroökonomie. Gezeigt wurde, wie unangemessen die Sprache des Begehrens mit marktbezogenen, entfremdeten Strukturen verfährt.
Auswirkungen des weltweiten Verschiebens des ‚objektiven‘ Unbewussten wurden berührt.
Den Abschluss bildeten Überlegungen, wie die unhaltbare Legierung von Libido und Todestrieb (Freud) die Über-Ich motivierte Reproduktion der Gattung Mensch vorantreibt.
Eine angeregte Diskussion, einschließlich der Frage nach Anwendung der Erkenntnisse im unternehmerischen Umfeld beschloss die Eröffnungsveranstaltung des Psychoabalytischen Salons Berlin 2012.
Herzlichen Dank an Dr. Birgit Pungs, Dr. May Wegener und Eva Maria Jobst vom Psychoanalytischen Salon für ihre freundliche Einladung.