MARK-MAN Navigator 2020
Eine neue Balance – Der Marketingkosmos und die Kultur der Verantwortung
Das Wissen im Marketing wächst – doch mit abnehmender Tendenz. Zu diesem Ergebnis kommt eine umfangreiche Metastudie von Martin Eisend aus dem Jahr 2015.
Dabei ist Marketing von Beginn an eine wissensgetriebene Praxis. Ihr Fundament basierte auf dem intensiven Austausch zwischen einigen in der Alten Welt entwickelten theoretischen Modellen der Historischen Schule der Nationalökonomie und der in der Neuen Welt damals zügig sich etablierenden Überschussproduktion. Weshalb verlangsamt sich da nun nach über einhundertfünfzig Jahren der Zufluss?
Kann es sein, dass die Qualitäten des marketing-relevanten Wissens vor einem notwendigen Wandel stehen? Dass es um fundamental anderes zugleich geht, das gewusst werden soll, doch von internen Barrieren des Marketing-Paradigmas am Zugang gehindert werden? Um die Rolle von Marketing als Ausdruck ökonomischer Praxis in einem breiteren Kulturzusammenhang des sozialen Austauschs?
Im Folgenden halten wir uns an diese These und bleiben dennoch ausschließlich in der marketingspezifischen Nahumgebung.
In ihr wird nach wie vor begierig nach selbst sublimsten Verbindungen gesucht. Nämlich zwischen dem, was die unter Umständen weit entfernten Orte der Erzeugung mit denen des wirklichen oder möglichen Gebrauchs verbindet. In dessen Zentrum stehen Menschen, die als Konsumenten die unabdingbaren Träger von Prozessen darstellen, welche als vielfältig beeinflussbar verstanden werden. Diese Faktoren sind nicht nur als multivariate Topographien fixierbar, sondern auch Teil einer neuen, konzeptionellen Karte. Darin sind Virtualität und Digitalisierung lediglich wichtige Teile.
Fünf pulsierende Dimensionen
Konzepte, Anwendung und Beherrschung von marketing-relevanten Erkenntnissen fallen vorwiegend in fünf spezifische Sektoren, so die Struktur des MARK-MAN Navigator. Das Modell berücksichtigt Entwicklungen seit 1985. Deshalb macht es Sinn, auf der Suche nach neuen Zusammenhängen deren jeweils innere Logik zu beleuchten um die Beziehungen untereinander zu verstehen.
Die Praxis des Marketings ist, anders als die Theorie, an Akteure gebunden, an Menschen, die handeln. Die Spannungsfelder innerhalb der Sektoren und das Tableau als Ganzes zeigen auf, wo neben fließendem Funktionieren zugleich unscheinbare Brüche bestehen. Deren Verständnis bedarf der Inspiration, um zu neuen Lösungen und Einsichten zu gelangen – eine neue Balance herzustellen.
Wir zeigen dazu einige Extrempositionen des Marketingkosmos auf, die in ihren Konsequenzen vor allem unter umfassender Perspektive erkennbar sind. Ihre Wirkung bezüglich der Auffassung von Welt und der Gestaltung der Lebensverhältnisse ist beträchtlich.
Konkrete Wünsche und Erwartungen in spezifischen Marketingumgebungen, ob kommerziell oder ohne finanzielle Gewinninteressen, bilden übergreifend die Ausgangspunkte für individuelle Konzeptionen. Der aufgezeigte Kosmos ist dabei deren allgemeiner Rahmen. Seine übergreifende Durcharbeitung zeigt, dass er klassische, kulturelle Perspektiven eröffnet und auf ökonomische wie ethische Werte hinausläuft. Hierzu können sich Unternehmen unterschiedlich positionieren.
Grundlage der Ausführungen sind die im MARK-MAN Navigator ermittelten Topics. Der in diesem Zusammenhang fehlende individuelle Angebotsbezug, ohne den Marketing nicht funktioniert, wird in hieraus abgeleiteten Konzeptionen jeweils kundenspezifisch hergestellt.
I. Ökonomie – Der Ort der Werte
Unternehmen als Investments
Unternehmen produzieren und vermarkten Güter und Dienstleistungen. Doch sind sie nicht nur zentrale Einheiten der Generierung ökonomischer Werte und von Mehrwert. Sie sind seit langem selbst zu Objekten der Begierde geworden, besonders unter jüngster ökonomietheoretischer Perspektive. Entwicklungen des Investmentbankings sowie politische Akzentuierungen haben dazu beigetragen. Für betroffene Unternehmen ändern sich die Marketing- und Geschäftsmodelle zumeist drastisch.
Marktbearbeitung und Disruption
Vor dem Horizont weltweiter Märkte und Marktchancen sieht sich das Management von Unternehmen vor hoch komplexe, sich ständig erneuernde Herausforderungen gestellt. Dies insbesondere, weil die Regeln und Umfeldbedingungen der Marktbearbeitung stetigen, teils schwer nur beeinflussbaren Veränderungen unterliegen. Zudem ist die Wahrnehmung von Chancen eng an komplexe technologische Entwicklungen gebunden.
Externalisierung vor globalem Hintergrund
Auf globalem Level sind die Externalisierungseffekte kollektiven wirtschaftlichen Handelns verstärkt erkennbar. Notwendige staatliche und Staaten übergreifende Regulierungen geraten vielerorts ins Hintertreffen. Neben vielem anderem sind wachsende soziale Ungleichheit, die Folgen des Klimawandels und die Turbulenzen der Finanzmärkte schwer in Regie zu nehmen.
Unverzichtbare Einkommensquellen
Unternehmen sind private Einheiten der gesellschaftlichen Wertschöpfung. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind sie die weitgehend selbstverständlichen Quellen von Einkommen. Aus den Bemühungen von Unternehmen, in komplexen Umfeldern Kurs zu halten, resultiert ein umfangreicher Kanon von Konzepten. Ihn komplettieren hauseigene Untersuchungen sowie Forschungen von Universitäten und Beratungsunternehmen. Eine umfassende Perspektive zur bestehenden und die Suche nach alternativen Quellen von Einkommen und Wertschöpfung kann zu größerer Stabilität nachhaltig beitragen.
Überbordende Komplexität von Wissen
Die internen und externen Perspektiven der auf die eigentliche Unternehmensentwicklung gerichteten Themen umfassen viele hundert Teilaspekte. Darin mischen sich grundlegende Modelle, beispielsweise die Portfolioanalyse, mit unverzichtbaren Detailuntersuchungen, etwa zur Asymmetrie von Macht in industriellen Kooperationen oder zum Beitrag der Vernetzungsintensität des Vorstands mit anderen Institutionen für den Erfolg von Innovationen. Die thematische Komplexität ist extrem.
Ökonomische Dominanz
Das Verhältnis von steigender, jedoch keineswegs risikoloser Prosperität im Einzelnen bei wachsender ökonomischer Ungleichheit im Ganzen bedarf einer angemessenen Einschätzung. Das betrifft auch die fundamentale Bedeutung einer Ökonomie, die durch Unternehmen getragenen wird in ihrer Rolle für das darüber hinausgehende Zusammenleben der Menschen.
Orientierung am Gewinn
Große Kapitalgesellschaften stehen bezüglich der Qualität von Gewinn in einem anderen Fokus als mittelständische Firmen und selbständig Agierende. Dies vor allem, weil die Interessen der Gesellschafter großer Unternehmen deutlich finanzgeprägt sind. Die Unternehmenssubstanz jedoch geht insbesondere in ihrem sozialen Bezug darüber hinaus. Der Reflexionsrahmen dazu fehlt.
Alle sind Teil des Ganzen
Das Zusammenspiel gesellschaftlicher, ökonomischer und individueller Werte ist ein zentraler Aspekt für eine stimmige Perspektive. Der spezifische Sinn basiert auf dem Beitrag, den jeder einzelne Mensch zur ihn umgebenden wirtschaftlichen Umwelt und ihrer Logik leistet. Die Rolle des individuellen Konsums ist fundamental, bleibt aber hinsichtlich seiner Implikationen weitgehend unbewusst.
Vollständige Gesamtrechnungen
Der ökonomische Wert einzelner Güter und volkswirtschaftlicher Berechnungen wird traditionell nach marginalistischem Verständnis am Preis gemessen. Ausgleichend dazu stellt sich die Frage nach Orientierungsgrößen, die darüber hinaus verbindlich sind, insbesondere dort, wo Schäden an nicht mit Wertpositionen ausgezeichneten Gütern und Lebensverhältnissen entstehen, welche erst durch Korrekturleistungen in die Berechnungen eingehen.
Ergänzende Wertschöpfung
Ob ergänzend zum traditionellen Weg die Überwindung von Armut mittels gebündelter Einzelinteressen, die sich umfänglich an kulturellen und sozialen Werten orientieren, organisiert und entwickelt werden kann, ist eine offene Frage. Insbesondere, wie dies für die einzelnen Akteure dauerhaft zu fairem Einkommen führt. Die Antwort wäre mit einem Blick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen anhand innovativer Ökosysteme verbunden, die im Ganzen übergreifend Werte schaffen.
II. Technik – Eine treibende Kraft der Kultur
Zivilisationsprozess
Silicon Chips, angeschlossene Datenspeicher und digitalisierte Prozesse drängen seit ihrem Aufkommen vormals prägende Technologien in den Hintergrund. Ob elektronisch fundiert oder nur als Wand oder Stuhl – Technik ist Im Leben der Menschen allgegenwärtig. Sie ist ein elementarer Antrieb von Kultur und Zivilisation. Ihre umfassende Komplexität ist nur für Experten explizit wahrnehmbar, meist entfaltet sich Technik unsichtbar als Funktionieren.
Ziel und Instrument
Marketingtechnisch relevant ist, dass die Beherrschung von Technologien ebenso sehr die Grundlage von Unternehmenskonzepten bilden kann, sie aber auch die Unternehmenspraxis zu ständigen Anpassungen drängt. In beiden Fällen geschieht dies unter hohem Wettbewerbsdruck und unter dem Blickwinkel von Effektivität und Effizienz in den Anwendungswelten.
Mensch und Maschine
Seit langem beschreibt Informationsgesellschaft als Attribut gesellschaftlichen Lebens die Durchdringung von individuellem Handeln und kollektiv verfügbarer Technologie. Die Ideenvorlage bildet ein Netzwerk aus technischen Komponenten und mit ihnen ohne Zeitverlust im Gebrauch eigennützig dienstbar verbundenen Menschen. Die aktuelle Vorstellung eines Internet of Things bleibt noch hinter der expliziten Einbindung des Menschen als Gebrauchendem zurück.
Technologiegestütztes Bewusstsein
Darstellungen elektronisch geleiteter Technologien erreichen mittels sinnlicher Vermittlung tiefste Bewusstseinssphären. Anwendungswelten sind Informations- und Unterhaltungsaktivitäten auf hochgradig virtuellem Niveau oder ausgelagerte Wissensquellen. Im Alltag der Menschen beanspruchen sie bereits heute umfangreiche Zeitkontingente.
Zelluläre Affektion
Der Ausgleich organischer Fehl- oder Alterungsfunktionen ist vielfach bis in die Körperzellen hinein biotechnologisch steuerbar. Bedingung dafür ist eine dichte Infrastruktur aus institutioneller Forschung, arbeitsteiliger Kommerzialisierung und der Beherrschung komplexer Anwendungsprozesse durch Spezialisten oder standardisierte Instrumente.
Unsichtbare Steuerung
Häufig werden im Alltagsverständnis die Präsenz und das zeitlose Funktionieren technischer Infrastrukturen als selbstverständlich empfunden. Dabei sind zur Aufrechterhaltung des netzwerkmäßigen Funktionierens umfassende Standards im Hintergrund erforderlich, ob Flugbetrieb oder Wasserversorgung. Die Wirkungen augenblicklich abrufbarer Funktionen erscheinen so als nahezu naturgesetzliche Abläufe. Dies jedoch nur dort, wo sie bezahlbar sind, das heißt Teil gesellschaftlicher Praxis sind, die auf Einkommen, Investition und Distribution basiert.
Selbstverständliches Funktionieren
Eine dichte Integration von Technologie in lebenspraktische Zusammenhänge generiert Beiträge zur Lebensqualität. Deren explizite Wahrnehmung allerdings entfällt zunehmend. Subjektiv erfahrbare Werte werden mit steigender Verfügbarkeit zum selbstevidenten Faktum. Ehemals Wasser oder Strom, nun das World Wide Web.
Genussakzente
Insbesondere, wo technisch fundierte Interaktion explizit auf Genuss orientiert ist, wird der Gesamtzusammenhang forciert unsichtbar – ob als Passagier im Flugzeug, Nutzer eines Videospiels oder Beifahrer im komfortabel ausgestatteten Fahrzeug.
III. Konsumenten – Die integrierenden Akteure
Globale Kultur
Einstellungen, Sinnlichkeit und Verhalten der Menschen als Konsumenten differenzieren sich zunehmend vor dem Hintergrund globaler Kulturen. Dieser Zusammenhang ersetzt keine vormaligen Mikroperspektiven, er geht vielmehr davon aus, dass durchaus differenzierbare Kulturen, die nicht unter ethnischer Perspektive zu verstehen sind, sich einander annähern. Dies wird neben individueller Erfahrung vor allem durch den weitreichenden Gebrauch interaktiver Massenmedien verstärkt.
Neue Typologien
Die zur Erfassung verhaltens- und einstellungsspezifischer Faktoren entwickelten sozio- und psychodemographischen Differenzierungen reagieren auf wachsende Komplexität im Sozialen. Wo erforschte Verbrauchertypologien immer differenzierter ausfallen, wollen Generationentypologien eher homogene Gegenpole bilden. Mit Netnographics lassen sich wachsende Online-Welten gliedern.
Überbordende Forschung
Untersuchungen zu Konsumenten-relevanten Phänomenen sind in beinahe unfassbarer Anzahl entstanden und entstehen weiter. Ebenso abgeleitete Konzepte und Strategien zur Erschließung von Kaufkraft. Differenzierungen aus den Wissenschaften zur menschlichen Psyche, zu sozialen Verhältnissen oder zum alltäglichen Verhalten und zur Wahrnehmung werden insbesondere entlang des tatsächlichen oder möglichen Erwerbs von Waren und Dienstleistungen adoptiert – ebenso die Wirkung von Beeinflussern dieser Situation. Junge Taschengeldempfänger sind vor diesem Hintergrund ebenso interessant wie Low Income-Bezieher überall auf der Welt.
Boomende Virtualität
Zunehmend bedienen sich die Institutionen des Konsums, ihr Umfeld und die Konsumenten selbst virtueller Räume und Funktionen. Die User tun dies dank mobiler Nutzungsmöglichkeiten auch unterwegs. Virtualität beeinflusst dabei sowohl die Einstellungen wie das Verhalten und die Wahrnehmung auf der Grundlage eines Extended Self. Im virtuellen Raum selbst entstehen eigenständige Formen des Konsums. Auf der Skala der Bedeutung sozialer Werte sinkt zugleich die Rolle von vormals wichtigen sozialen Zugehörigkeitsgefühlen – zumindest in den USA.
Heimliche Spurenleser
Im Bereich von Social Media und Electronic Commerce gehen die umfänglichen Aktivitäten von Konsumenten einher mit dem Entstehen riesiger Datenbestände. Diese werden zu verschlüsselten individuellen Profilen verarbeitet und zur abgeleiteten Prognose situativer Bereitschaft zur Annahme von Angeboten genutzt. Nicht nur im Moment der Angebotspräsentation bleiben die Existenz, Erzeugung und Wirkung einer derartigen Währung den Nutzerinnen und Nutzern weitgehend verborgen.
Produktive Isolation
Virtualität ist dabei eng verbunden mit dem Phänomen der Singularisierung – bisher wenig erforscht. Dementsprechend sind auch die traditionell auf Anbindung des Konsums an Marken gerichteten Anstrengungen der weltweiten Konsumgüterindustrien von der Unschärfe virtuell-singulärer Botschaften betroffen. Dass expliziter Konsum auch auf schwer empirisch fassbare individuelle Isolation seelischer und sozialer Form antwortet, ist eine eigene, unbewiesene Arbeitshypothese.
Immaterielle Räume
Die Objekte des Konsums korrelieren weitgehend mit dem überbordenden Angebot an Waren und Dienstleistungen. Über die klassischen Gebrauchsdinge hinaus dominieren deren immaterielle Komponenten – Virtualität – zunehmend die Wünsche und Interessen von Konsumentinnen und Konsumenten.
Verfügbare Äquivalente
Die Einbettung von Konsum in die großen ökonomischen Rahmenbedingungen, insbesondere in Form verfügbaren Einkommens, ist weiterhin bedeutend. Sichtbar beispielsweise an den Ursachen und Auswirkungen der Banken- und Finanzkrise von 2008. Die Folgen toxisch verpackter Subprime Loans werden staatlich aufgefangen, die Zentralbanken reagieren mit drastisch reduzierten Zinsen.
IV. Kommunikation – Die Schaffung von Bedeutung und Sinn
Wachsende Impulsivität
Kommunikation im Marketing ist vorwiegend instrumentell orientiert. Sie basiert auf einer seit Jahrzehnten anwachsenden Verfügbarkeit von Medien, Kanälen und Botschaftsformen. In dieser fragmentierten Umgebung sind homogene Inhalte bei begrenzten Budgets nur eher impulshaft und flüchtig zu vermitteln.
Nutzerprofile statt Zielgruppen
Zum schnell wirkenden Ausgleich nutzt die Adressierung von Botschaften zuvor ermittelte Präferenzen von Nutzern. Die eingesetzten Instrumente müssen dazu eine detaillierte Segmentierung hergeben. In digitalen Umfeldern sind die zugehörigen Träger per Datenanalyse in Echtzeit identifizierbar. Grundbedingung dieser Anspracheform sind die Akzeptanz und Nutzung digitaler Werbemedien.
Netzwerke des Begehrens
Der direkte Beitrag von Nutzern und deren kontinuierliches Feedback qualifiziert Onlinemedien zu umfassenden Kompendien und Netzwerken von Begehren, Networks of Desire. Dabei ist digitale Ubiquität auf dem Weg, eine weltumspannende Sprachqualität zu bilden. Linguistisch verstanden ist ihr Code allerdings restringiert.
Die Rückseite der Wahrheit
Die Gewöhnung an virtuelle Räume und ihre Peripherie zur Kommunikation von Botschaften bewirkt eine weitgehende Auflösung von intersubjektiver Überprüfbarkeit. Als neue Stilqualität erscheinen so beispielsweise Fake News, die unter Umständen von ihrem Gegenteil – Wahrheit – schwer unterscheidbar sind. Solches funktioniert nur bei mangelndem eigenem Urteilsvermögen der Adressaten.
Markeninflation und Markenstärke
Je mehr Individuen, Objekte und Institutionen für sich selbst markentechnische Eigenschaften reklamieren – vom Sportclub bis zur politischen Partei – desto unerlässlicher wird die situationsbezogene, mentale Präsenz dieser Marken, die Brand Salience. Sie verlangt eine tiefe Verwurzelung in der Vorstellungswelt der Adressaten mit relevanten, verbindenden Eigenschaften.
Elektronische Infrastrukturen
Die Verlagerung von Kommunikation auf Onlineplattformen bildet die Grundlage für anschließbare Distributions- und Zahlungssysteme. Deren Zusammenschluss ermöglicht einen rasant wachsenden Electronic Commerce. Jedoch geht er zu Lasten traditioneller Vertriebsformen und Handelslandschaften und hat damit auch soziale Konsequenzen.
Angriffe auf traditionelle Angebotsformen
Einen Strukturwandel intendieren auch die Angebote einer Sharing Economy. Diese beruht in umfassender Weise auf Kommunikationsleistungen, gebündelten, ansonsten nicht einzeln identifizierbaren Angeboten und hart attackierten traditionellen Geschäftsfeldern. Beispielsweise sind diese auf Transportleistungen oder Beherbergung fokussiert.
Verfügbarkeit des Marketingwissens
Marketing hat sich seit langem vom ursprünglich kommerziellen Gebrauch gelöst. Damit erweitert sich zugleich das Spektrum möglicher Botschaften. Relevante Inhalte umfassen soziale Kontexte ebenso wie Nutzer-generierte Enzyklopädien in Dutzenden von Sprachen.
V. Umwelt – Die Gestaltung des Zusammenlebens
Lebensstil und Konsequenzen
Bezüglich der natürlichen Umwelt werden die belastenden Faktoren eines schwerpunktmäßig auf den Konsum industrieller Güter gerichteten Lebensstils zunehmend wahrgenommen. Dies in großen Teilen der Öffentlichkeit der westlichen und zumindest in intellektuell regen Teilen der östlichen Welt. Unverkennbar sind diese negativen Faktoren Ausdruck einer kollektiv akzeptierten Lebensweise. Die Beseitigung von Störungen erst macht sie zu marktwirtschaftlich ausweisbaren Größen.
Regulierung des öffentlichen Raums
Umweltbezogene Themen und Aspekte der sozialen Gerechtigkeit werden seit langem zunächst durch repräsentative Organisationen vermittelt. Erforderliche Regulierungen durch zuständige Institutionen erfolgen zeitversetzt und oft lediglich situativ. Erkennbar ist dies etwa beim Umweltrecht.
Proaktive Reaktionen
Unmittelbarer verlaufen öffentliche Reaktionen. Einerseits ändern Bürger in ihrer Eigenschaft als Verbraucher spezifische Qualitäten ihres Verhaltens und initiieren so, zumindest teilweise, Marktprozesse. Andererseits reagieren auch Unternehmen selbst proaktiv, indem sie innovative Prozesse und Produkte schaffen oder interne Regelungen vornehmen – sowohl logistische Allianzen oder energiesparende Prozesse als auch zurück verfolgbare Lieferketten oder Öko-Audits.
Chancen der Kritik
Die soziale Umwelt ist aufgrund ungleicher Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand in weltweit unterschiedlicher Intensität von massiven Spannungen gekennzeichnet. Artikulierte Forderungen werden entweder schrittweise erfüllt oder abgelenkt. Beispiele sind die öffentliche Gesundheitsversorgung oder das Ausbildungswesen in vielen Ländern. Dabei bietet verbreitete Mobilkommunikation auf der Ebene individuellen Verhaltens unter anderem die Chance, Informationsdefizite von Erzeugern in Handelsketten zu verringern und günstigere Marktpreise zu realisieren, so bei der Vermarktung von Getreide und Gemüse in Ghana oder von Fisch in Kerala (Indien). Andererseits wächst die Abhängigkeit von technologie-fokussierten Ökonomien und Infrastrukturen.
Untergründige Konsequenzen
Vor einem globalen Hintergrund ist erkennbar, dass Unzufriedenheit mit Lebensbedingungen sich verstärkt in Emigrationsbestrebungen umzuwandeln vermag. Daneben wachsen offene Gewaltsysteme zur Abschöpfung ökonomischer Äquivalente – wie etwa Terrorbewegungen, organisierte Kriminalität und Korruption.
Prinzip Freiheit
Zusammenhänge und Folgen spontaner wie systematischer Widerstände gegen unterdrückende Lebensbedingungen schlagen sich im Marketing-Paradigma nieder und lassen sich dort beschreiben. Es ist definitiv davon auszugehen, dass eine breitere Partizipation an besseren Lebensbedingungen den Wohlstand aller mehrt, indem mehr Menschen am Austausch teilnehmen – als Produzenten und folgend als Konsumenten.
Fünf pulsierende Dimensionen und ihre Grenzen
Marketing-Perspektiven allein sind keine Basis für eine umfassende Welterklärung. Marketing selbst aber berührt alle Bereiche des menschlichen Lebens. Das Besondere einer gerade am Marketing orientierten Sicht auf komplexe Verhältnisse besteht in ihrer praxisnahen Globalität. Alle im Marketing Agierenden haben beständig mit Teilaspekten konfliktreicher Auseinandersetzungen zu tun. Dabei sind die unmittelbaren Wettbewerber nur bedingt die großen Gegner, weil man sich untereinander kennt und mit ähnlichen Mitteln unterwegs ist.
Eine große Chance aber dürfte der Überblick einer in sich spannungsreichen Konstellation sein, die an vielen Stellen nur durch Anleihen aus anderen Sektoren zu lösen ist. Konsumenten interagieren mit ihrer Umwelt, Kommunikation und Produktangebote sind Technik-durchtränkt, die Ökonomie durchquert Unternehmen ebenso wie die Seele der Menschen.
Somit ist klar, dass entscheidende Faktoren des Zusammenlebens durch Marktprozesse und am Marketing orientierten Handeln geprägt werden. Eine umfassende Marketingperspektive hat Einblick in entscheidende gesellschaftsbildende Prozesse. Sie erklärt nicht alles zu Werten, Kultur, Gemeinschaft, Bedeutung und Zusammenleben – sie darf sich aber zugutehalten, Türen dazu weit öffnen zu können.
Blick nach vorn – Antworten auf Zukunftsfragen
Es ist nicht spekulativ, den fünf Dimensionen des MARK-MAN Navigator™ entscheidende Orientierungen aus anderen Vorstellungsbereichen zuzuordnen.
Diese Perspektive hat sich ergeben, weil die Trennung von kultur- und sozialwissenschaftlichen, ökonomischen und politischen Disziplinen in der Praxis des Marketings explizit aufgehoben ist.
Wenn man die Dimensionen von Werten, Kultur, Gemeinschaft, Sinn und Zusammenleben als Eckpunkte eines aus der Marketingperspektive gewonnenen Themenfeldes markiert, verbinden sich deren Beiträge zu einem umfassenden Ganzen.
Deren jeweilige Schwerkraft in Balance zu bringen geht weit über die unmittelbaren Aufgabenbereiche einzelner Organisationen und Wirtschaftseinheiten weit hinaus.
Dass solche Verbindung nicht bereits vorliegt mag daran liegen, dass die Zusammenschau der Perspektiven einzelne Wissenschaften überfordert und der Ausgleich von Interessen innerhalb von standpunktbezogenen Systemen weder erkannt noch als Forderung angenommen werden kann.
Die neue Balance ist also zunächst nur eine Orientierung für diejenigen, die gewillt sind, einen Beitrag zu ihr zu leisten. Die Auseinandersetzung umfasst unter anderem Folgendes:
▬ Economy – A Place to Create Value
Wert im ökonomischen Verständnis steht in enger Beziehung zu den ihn schaffenden Lebens- und Arbeitsbedingungen – daraus erwächst die Chance eines kohärenten, koproduzierenden Arbeitens
▬ Technolgy – A Driving Factor of Culture
Die Dominanz des Technischen in der Kultur läuft Gefahr, hinter ihrem allgegenwärtigen Gebrauch zu unsichtbarer, unbewusster Selbstverständlichkeit zu werden – verantwortliche Konzeptionen gestalten den Raum, den sie einnehmen, transparent
▬ Consumers – The Integrating Subjects
Die Virtualität von Konsum geht mit einer potenziellen Isolation der menschlichen Beziehungen einher – die Chance sind Lösungen, welche die Menschen als Produzenten wie Konsumenten sichtbar machen und stärker zusammenbringen
▬ Communication – Creation of Meaning
Persönliche wie mediale Kommunikation kann zwischen wachsender digitaler Ubiquität und der neuen Bestimmung von Sinn in verantwortlicher Weise vermitteln
▬ Environment – Citizenship in a World of Global Cultures
Die Gestaltung von Umwelt als Ort des Zusammenlebens ist nicht zuletzt auch eine Aufgabe der in ihr Konsumierenden – eine Aufforderung, die Welt gemeinsam weiterzuentwickeln!
Daraus lässt sich reversible Verantwortung als eine zentrale Position im Marketing-Kosmos ableiten. Das heißt: der simultane Blick von der anderen Seite. Es sind nicht so sehr die großen Posten Strategie oder Vision allein, die umfassend die Karte des Handelns beschreiben.
Vielmehr ist es die Verknüpfung mit den übergreifenden Herausforderungen, welche für ausreichende Dynamik sorgt.
Die resultierende Devise kann nur lauten: Überkommene Grenzen überwinden, getragen von Kreativität, Empathie und Engagement!
Nehmen Sie die nötigen Weichenstellungen in Ihren spezifischen Segmenten
vor, wir unterstützen Sie zukunftsorientiert!
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